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Casilia, eine fast übersehbar
kleine Vulkaninsel, scheinbar unter der Fußspitze Italiens gelegen - nachträglich herausgeschüttelt von Mutter Erde, als am 8.Tage der Schöpfung der Erdenball beim Loskugeln über sich selbst lachen musste -, soll noch heute in Vollmondnächten über glänzendem Tränenmeer aufleuchten: "Wie ein monalisardes Lächeln", so heißt es jedenfalls in casilia- nischer Mundart. (Bekanntermaßen inspirierte dieses Geheimnis Leonardo da Vinci zum Malen seiner „Mona Lisa“.) |
Und in einer klaren Vollmondnacht
inmitten des neunzehnten
Jahrhunderts, soll sich in einer zwielichtigen Theaterhöhle auf Casilia
Seltsames ereignet haben: Der alte hoch- und tiefwürdige Narr Alliorido
Casiliandro trat
auf die Bühne, machte es sich auf seinem Stuhl bequem, und begrüßte die
gleichfalls sitzenden Theatergäste in besinnlich vergnügter
Anwesenheit. Die
ausströmenden Schweigeminuten der Ansitzenden folgten dem
widersprüchlichen Spiel zwischen Ein- und Ausatmen und durchpulsten die
kühle Höhlenluft mit sinnsuchender Wärme - insbesondere auch spürbar
zwischen den unruhigen Gesäßen aller Sitzenden und den dadurch bewegten
Sitzen ihrer Stühle ... ... bis sich Alliorido mit heiter verspielten Gesten vom Stuhl erhob (während dessen sich das Zwielicht verwundert verwandelte: in Lichtblicke lächelnder Schatten, welche nun als tanzende Augenblicksgeister Alliorido’s Gesten auf den Höhlenwänden begleiteten), und allen Erwärmten tieffreudig verkündete: |
"Das ist sie:
die Gegenwart, die aufsteigt
aus dem Grunde des Lachens, welches ein Weinen ist -
wie vor unzählbaren Zeiten aus den dunklen Tiefen
des Mitteltränenmeeres auftauchte: unsere kleine Vulkaninsel,
feurig und monalisart lächelnd.
Eine neues Theater ist geboren. Es soll heißen:
Beglückt sprangen fast alle Theatergäste gegenwärtig auf ihre Stühle.
Er hatte kaum ausgesprochen, da
plumpste er - im freien Fall - zurück auf seinen Stuhl und verschied
"in monalisardem Lächeln"... So heißt es jedenfalls in
casilianischer Mundart ... und viele der Anwesenden verließen seltsam
gegenwartend diese Theaterhöhle: sie fühlten sich geradezu tödlich
neugeboren.
(mündliche Überlieferung)
... von diesen Geschehnissen
ausgehend hat sich auf Casilia eine "Cultura Presente" entwickelt, die
sich aus ihrer humorvollen Präsenz heraus ständig neu besinnt. Theater
ist hier kein Ort des Inszenierens (als Schauspiel) bzw. des
Konsumierens (als Publikum), sondern ein Ort des "Gegenwartens": die
besinnliche Gegenwärtigkeit
der Spieler auf der Bühne bewirkt bei Zuschauenden und Zuhörenden ein
unmittelbares Gewahrwerden eigener Gegenwärtigkeit.
"In Lichtblicken lächelnder Schatten" blinken poesievolle Bilder aus
dem Schattenreich des "Wer bin ich" auf.
Das Theater wird zum wunderlichten Mysterium: im "Gegenwarten"
auf sich selbst.
Casilianische Monalisarden... aus stillem
Vergnügen - scheinbar erwärmt - |
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tauchen sie auf | ||
in Lichtblicken lächelnder Schatten: | ||
Monalisarden ... | ||
gegenwärtiger
Eingebungen |
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zum Tanz von Augenblicken | ||
mit heiter verspielten Wellen | ||
über glänzendem Tränenmeer ... | ||
... in welches - im freien Fall - | ||
schmunzelnd plumpst hinein | ||
der Stein der Weisen ... | ||
(Verfasser unbekannt/Casilia um 1859) |
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